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Gemeinsam gegen das Vergessen: Angebote für alle Stadien der Demenz

Landau

Vorträge des Pfalzklinikums Klingenmünster zu dementiellen Erkrankungen am Welt-Alzheimertag: Samstag, 21.September von 10 bis 12 Uhr im Alten Kaufhaus Landau

Rita Becker-Scharwatz, Dr. Markus Fani, Dr. Tobias Fritz sowie Uwe Pfeiffer gestalteten das Programm der Vortragsreihe zu dementiellen Erkrankungen am Welt-Alzheimertag im Alten Kaufhaus. Sven Kaufmann moderierte die Veranstaltung.
Rita Becker-Scharwatz, Dr. Markus Fani, Dr. Tobias Fritz sowie Uwe Pfeiffer gestalteten das Programm der Vortragsreihe zu dementiellen Erkrankungen am Welt-Alzheimertag im Alten Kaufhaus. Sven Kaufmann moderierte die Veranstaltung.

Die dritte und letzte Veranstaltung der Sommer-Vortragsreihe zur Seelischen Gesundheit des Pfalzklinikums Klingenmünster fand am 21. September im alten Kaufhaus in Landau statt. Unterschiedliche Krankheitsstadien und Facetten dementieller Erkrankungen wurden in Impulsvorträgen aus verschiedenen Bereichen des Pfalzklinikums beleuchtet. Die von Sven Kaufmann, Pflegedienstleiter der Klinik für Neurologie und Gerontopsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, moderierte Veranstaltung fand mehr als 150 interessierte Zuhörer.

Uwe Pfeiffer, Ärztlicher Direktor des Pfalzklinikums und Chefarzt der Klinik für Neuro-logie erläuterte Bilder und Zeichnungen eines prominenten Alzheimer-Kranken, Carolus Horn. Die Spannbreite der Werke reichte von gesunden Lebensphasen über frühe Krankheitsstadien noch lange vor der Diagnosestellung bis hin zu Bleistiftschraffuren kurz vor seinem Tod. Pfeiffer zeigte dabei insbesondere die veränderte Wahrnehmung und Ausdrucksfähigkeit durch die Alzheimer-Erkrankung auf und wies auch auf die unterschiedliche Gestimmtheit des Künstlers in den Bildern hin. Im zweiten Teil seines Vortrags stellte er das Lebensalter als entscheidenden Risikofaktor für die Alzheimer-Erkrankung heraus und erläuterte den zukünftigen Einfluss auf unsere Gesellschaft im Hinblick auf den demographischen Wandel.

Derzeit leiden 1,5 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz, jedes Jahr gibt es 200.000 Neuerkrankungen. „Wenn man diese Zahlen auf Landau mit seinen 45.000 Einwohnern herunterbricht, leiden hier 800 Menschen an einer dementiellen Erkrankung, jedes Jahr gibt es über 100 neue Krankheitsfälle.“ Um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen, ist eine Früherkennung der Demenz und genaue Abgrenzung zu einfachem Vergessen entscheidend.

Das bestätigte auch der Leitende Oberarzt der Klinik für Neurologie in Klingenmünster, Dr. Tobias Fritz: „Demenz ist mehr als bloße Vergesslichkeit. Eine Demenzerkrankung kann weitreichende Folgen für die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen, sein Verhalten und seine Fertigkeiten haben.“ In der Klinik für  Neurologie in Klingenmünster steht bei einer Untersuchung das Gespräch mit dem Patienten und seinen Angehörigen im Mittelpunkt. Neuropsychologische Testverfahren (Gedächtnis-, Konzentrations-, Rechen-, Sprachtests etc.) sowie Hirnstrommessungen (EEG), Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) helfen bei der Zuordnung zu den unterschiedlichen Demenzformen. Als Ursache der Alzheimer-Erkrankung gelten die unbemerkten, über längere Zeit erfolgenden Ablagerungen eines krankhaft veränderten Eiweiß im Gehirn. „Es ist wichtig, dieses Stadium frühzeitig zu erkennen, um durch eine optimale und rechtzeitige Therapie den Abfall der Leistungsfähigkeit hinauszuzögern“, erklärte Dr. Fritz abschließend.
 
Die frühzeitige Erkennung und Behandlung der Demenz ist auch ein Aspekt, den Dr. Markus Fani, Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Klingenmünster hervorhebt. „Nicht nur Medikamente sind wirksam, sondern auch Förderung durch spezielle Angebote wie Gehirnjogging in der Familie, Orientierungstraining durch Tagesstrukturierung und Milieugestaltung im Alltag oder Maßnahmen wie Tanz, Musik oder Ergotherapie, wie sie z.B. in den Tagesstätten komprimiert angeboten werden. Trotz des ernsten Krankheitsbildes sollte der Humor nicht außer Acht gelassen werden, um die Krankheitssituation zu entschärfen. Durch Humor-Hilfsmittel kann z.B. auch die körperliche Untersuchung eines misstrauischen oder skeptischen Patienten viel einfacher sein.“ Die Arbeit mit Angehörigen von Demenzkranken spielt eine immer größere Rolle. Deshalb bietet die Gerontopsychiatrie in Klingenmünster seit drei Jahren und nun auch neuerdings die Tages¬stätte in Bad Bergzabern Angehörigenschulungen an. Außerdem gibt es eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Demenzkranken unter Leitung der Fachkrankenschwester Sarah Doll. Werden die Tipps der Gerontopsychiatrie beachtet, verliert das Krankheitsbild Demenz ein wenig seinen Schrecken. Die Zuhörer bekamen vermittelt, dass man den Verlauf doch günstig beeinflussen kann und die Angehörigen in der aufopfernden Pflege auch an sich selbst denken sollen, damit die Lebensqualität für alle am Krankheitsgeschehen Beteiligten möglichst lange erhalten bleibt.

Zu der Bedeutung der Krankheit für Familienmitglieder Demenz-Erkrankter äußerte sich auch Rita Becker-Scharwatz, Leiterin der Tagesstätte für Menschen mit Demenz in Bad Bergzabern und Fachbereichsleiterin des Bereiches Regionale Angebote- Leben im Alter in ihrem abschließenden Vortrag: „Es ist schade, dass Angehörige die Krankheit zunächst in der Familie belassen und erst dann Schritte zur Unterstützung und Entlastung unternehmen, wenn sich in den Familien bereits Erschöpfung eingestellt hat. Ich würde mir wünschen, dass Angehörige früher den Mut haben, das Demenzthema zu enttabuisieren, damit von unserer Seite früher eingegriffen und entlastet werden kann. Schließlich kann das Thema Demenz nicht von einer Familie alleine, sondern muss von der gesamten Gesellschaft getragen werden.“ Besonders wichtig sind auch präventive Angebote wie sie in der Tagesstätte für Senioren zusammen mit dem Seniorenbüro Bad Bergzabern durch das SimA-Training angeboten werden.

Nach den einzelnen Vorträgen konnte das interessierte Publikum Fragen zu Demenz an die Fachleute stellen. Außerdem gab es im Anschluss die Gelegenheit mit diesen Experten ins Gespräch zu kommen oder die Info-Stände der Selbsthilfegruppe des Pfalzklinikums für Angehörige von Menschen mit Demenz, des Selbsthilfetreff Edesheim von Kiss Pfalz e.V., der Alzheimer-Gesellschaft Rheinland-Pfalz oder des Forums Demenz Kreis SÜW-Stadt Landau und der Tagesstätte für Senioren Bad Bergzabern mit dem SimA-Training -Selbstständig Leben im Alter zu besuchen.

Kontakt

Sven Kaufmann, Pflegedienstleiter für Neurologie und Gerontopsychiatrie
Tel. 06349/900-2605
E-Mail: sven.kaufmannpfalzklinikum.de