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„Dafür einstehen, dass dies nie mehr geschieht“

Klingenmünster

Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am Pfalzklinikum Klingenmünster

An der Gedenkstätte Klingenmünster versammelten sich am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus viele Besucher.
An der Gedenkstätte Klingenmünster versammelten sich am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus viele Besucher.

„In der NS-Zeit wurden Ärzte und Pfleger zu Handlangern und Mördern. Heute sehen wir das mit Entsetzen. Wie konnte sich eine solche Gewalt aus einer modernen Gesellschaft entwickeln?“ Diese Frage stellte der Verwaltungsratsvorsitzende des Pfalzklinikums, Theo Wieder, bei seiner Rede anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus, den auch das Pfalzklinikum am gestrigen Sonntag beging. Auch die Klinik in Klingenmünster hat sich an den verbrecherischen Maßnahmen der NS-Psychiatrie beteiligt. Damals wurden rund 2000 Patientinnen und Patienten deportiert und getötet oder kamen gewaltsam zu Tode. Bei einer Kranzniederlegung an der Gedenkstätte Klingenmünster mahnte Theo Wieder, dass die Verbrechen der NS-Zeit auch heute nicht vergessen werden dürfen. „Die Vergangenheit wirkt in die Gegenwart und ist auch Teil unserer Zukunft, darum müssen wir das Wissen an die kommende Generation weitergeben. Wie sicher ist das Eis, auf dem wir heute wandeln? Die Verbrechen der Terrorgruppe NSU sind ein warnendes Beispiel dafür, dass das Eis nicht erneut brechen darf“, so Wieder. Er betonte, dass die Menschen heute Vorurteilen, Ignoranz und Hochmut keine Chance geben dürfen. Auch ein Vertreter des Landesverbandes der Psychiatrieerfahrenen legte einen Kranz nieder und betonte, dass dieser Tag den Opfern zum Gedenken und den Lebenden zur Mahnung gilt.

Im Anschluss an die Kranzniederlegung gingen die Besucher des Gedenktages gemeinsam zum Gedenkstein in der Allee des Pfalzklinikums, wo die evangelische Klinikseelsorgerin Sylvia Schönenberg aus dem Werk „In den Wohnungen des Todes“ der jüdisch-deutsch-schwedischen Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Nelly Sachs vorlas. Danach fand in der Klinikkirche ein ökumenischer Gottesdienst statt, der von Sylvia Schönenberg und dem katholischen Klinikseelsorger Michael Reis gestaltet wurde. „Hier in der Kirche mündet der Weg des Gedenkens, er ist aber noch nicht zu Ende, wir bleiben weiter auf dem Weg“, so Michael Reis. Begleitet wurde der Weg von Bezirkskantor Maurice Croissant an der Orgel, von Worten aus dem Buch Jesaja und einem Bild des Künstlers Helmut Schollenberger, der selbst auch am Gedenktag teilnahm. Sein Bild stand vorm Altar und wird künftig die Klinikkirche schmücken. Auf dem Kunstwerk sieht der Betrachter blaue Wände und eine angedeutete Treppe, die ins Licht führt. „Wir wollen das Bild durchschreiten in kleinen Schritten und an die Ausweglosigkeit der Situation während der NS-Zeit erinnern. Die Patienten fanden keinen Schutz, Fürsorge und Pflege wurden nicht gewährt, viele Menschen wurden systematisch ermordet. Ihr Leiden entzieht sich unserer Vorstellungskraft“, sagte Sylvia Schönenberg. Beide Klinikseelsorger erinnerten an die Verantwortung im Pfalzklinikum besonders für leidende Menschen und erwähnten in diesem Zusammenhang auch das neue Gesetz zur Zwangsmedikation: „Wenn diskutiert und gestritten wird um die Berechtigung einer Medikation, die im Extremfall auch gegen den Willen des Patienten gegeben werden kann, dann wünschen wir allen Gesprächspartnern den Mut, sich auch auf die Perspektive der anderen Seite einzulassen, gemachte Erfahrungen gegenseitig zu würdigen und auch ungewohnte Alternativen durchzuspielen.“  

Nach dem Gottesdienst waren alle Besucher noch ins BKV-Zentrum eingeladen, wo es Kaffee und Brötchen gab. Hier stand auch Künstler Helmut Schollenberger für Fragen zu seinem Bild „Licht am Ende des Tunnels“ zur Verfügung. 

Kontakt:

Rita Hunsicker
Sekretariat Gedenkarbeit Pfalzklinikum
Tel. 06349/900-1001
E-Mail: infons-psychiatrie-pfalz.de