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Tagesklinik Kusel als Wegbegleiterin aus der Depression
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Kusel. „Wege aus der Depression“ – so lautete das Motto zum 15-jährigen Jubiläum der Tagesklinik Kusel. Die Einrichtung des Pfalzklinikums im Weibergraben 1 wurde im Jahr 2001 eröffnet und bietet 20 Plätze zur Behandlung für einen breiten Bereich seelischer Erkrankungen. „Die häufigste Erkrankung ist dabei die Depression“, sagte der Leiter der Tagesklinik Kusel Christian Bohrer bei der Jubiläumsfeier am Donnerstag, 9. Juni. Alle Interessierten waren eingeladen, sich an diesem Tag die Klinik anzuschauen. Am Empfang im Erdgeschoss konnten sich die Besucher an den Ständen der Buchhandlung Wolf und der Selbsthilfegruppe „Lichtblick“ informieren und sich anschließend im ersten und zweiten Stock der Tagesklinik umsehen. Dort stehen für die Patienten Ergotherapie-Räume, ein Speisesaal, Gruppenräume mit Sportangeboten, eine Lese-Ecke und eine Terrasse zur Verfügung. Im Speiseraum begrüßte Christian Bohrer die Gäste und kündigte an, dass er die Tagesklinik als Leiter verlässt und sich neuen Aufgaben widmet. Ein Nachfolger wird derzeit noch gesucht. Dr. Andres Fernandez, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Rockenhausen, zu der die Tagesklinik Kusel gehört, bedauerte den Weggang. Er dankte Christian Bohrer für sein Engagement und seine Menschlichkeit und leitete dann zu den Vorträgen über.
Als „Patient der ersten Stunde“ berichtete der Psychiatrie-Erfahrene und Genesungsbegleiter Gerd Stahl von seinem Lebensweg. „Heute bin ich voller Freude hierher in die Tagesklinik Kusel gekommen, denn sie war für mich im Jahr 2001 die Wegbegleiterin aus meiner Depression. Diese Erkrankung ist nicht nur behandelbar, sondern heilbar“, sagte der 71-Jährige aus Herschweiler-Pettersheim. Als Leiter der Exportabteilung eines großen Unternehmens kam er im Alter von 51 Jahren zum ersten Mal in eine depressive Krise und wurde damals zwölf Wochen stationär behandelt. Nach weiteren Krisen ging er im Jahr 2001 in die Tagesklinik Kusel. „Hier konnte ich die Vorteile psychiatrischer Angebote in der Gemeinde nutzen. Durch die Behandlung tagsüber wurde ich nicht aus meinem Umfeld gerissen und ich hatte keine Nachteile gegenüber einer stationären Behandlung“, berichtete Gerd Stahl. Im Jahr 2004 erlitt er die letzte und schwerste Krise und versuchte, die Depression anzunehmen. „Die Depression war für mich mein Stoppschild, das sagte: So mein Freund, bis hierher und nicht weiter! Ohne die Depression wäre ich nicht da, wo ich heute bin, denn ich habe durch die Krankheit gelernt, nur noch Aufgaben zu übernehmen, die mir Freude machen und in denen ich einen Sinn sehe“, so der 71-Jährige. Während der Ergotherapie entdeckte er unter anderem die Freude am Malen. „Zum ersten Mal seit Jahren freute ich mich auf den nächsten Tag, weil ich da an meinem Bild weiterarbeiten konnte. Mittlerweile habe ich schon fünf Ausstellungen mit meinen Bildern gemacht“, berichtet Gerd Stahl. Lebensfreude gab ihm auch ein Job im Garten- und Landschaftsbau zurück, den er mit 60 Jahren annahm. Zudem begleitet er für die Lebenshilfe Menschen mit Beeinträchtigungen, arbeitet als ehrenamtlicher Demenzbetreuer und singt in einem Gospelchor. Von 2014 bis 2015 absolvierte Gerd Stahl eine sogenannte „Ex-In-Ausbildung“ als Genesungsbegleiter, dabei werden Psychiatrie-Erfahrene qualifiziert, um selbst in der Psychiatrie tätig zu werden und Patienten zu unterstützen. Auf einer Station des Pfalzklinikums Klingenmünster war er als Praktikant tätig. Seine Tätigkeit als Genesungsbegleiter ist ihm sehr wichtig und er vermittelt seitdem sein Wissen in Vorträgen: „Ich bin Experte durch Erfahrung und kann so anderen Betroffenen helfen. Wichtig ist es, über die Krankheit offen zu sprechen.“
Die fachliche Sicht auf das Thema Depression erläuterte anschließend der Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Rockenhausen, Dr. Andres Fernandez. „Jeder fünfte Mensch erkrankt im Schnitt im Laufe seines Lebens an einer Depression. Das Gefühl der Hilflosigkeit, der Handlungsunfähigkeit und negative Gedanken über sich selbst können eine Depression auslösen. Eine wichtige Rolle spielt aber auch die Genetik, etwa wenn in einer Familie gehäuft die Erkrankung auftritt. Anzeichen dafür, dass jemand eine Depression hat, können endloses Grübeln, Selbstvorwürfe und Entscheidungsschwierigkeiten sein. Symptome sind etwa depressive Stimmung, verminderter Antrieb und der Verlust von Freude“, so Dr. Fernandez. Als Behandlungsmethoden nannte er Medikamente, elektrische Stimulierung bei schweren Fällen und die Psychotherapie. Patienten können aber auch selbst einiges tun, um gesund zu werden. „Man sollte überlegen, was einem gut tut und das dann auch ausführen, zum Beispiel Sport, Schreiben, Malen, Natur und frische Luft genießen etc. Die beste Vorbeugung ist aber, sich selbst kennenzulernen, sich selbst wertzuschätzen und sich Zeit für seine Gefühle zu nehmen“, beendete Dr. Fernandez seinen Vortrag. Bei einem Imbiss und Getränken ließen Mitarbeiter und Besucher die Jubiläumsfeier in der Tagesklinik Kusel ausklingen.
Kontakt: Martina Lorenz, Sekretariat Tagesklinik Kusel, Tel.: 06381/9209-80
E-Mail: martina.lorenz@pfalzklinikum.de
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