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Ein Stein für Berlin - Patientin des Pfalzklinikums gestaltet Stein für neuen Gedenkort

Den Sandstein aus Klingenmünster hat die Patientin Vanessa F. im Rahmen der Kunsttherapie des Pfalzklinikums gestaltet, begleitet von Kunsttherapeutin Elisabeth Moser. Die 18-Jährige hat den unregelmäßig geformten Stein selbst gesucht, bemalt und mit einem Schutzlack versehen. Sie hat sich für eine stilisierte Menschengruppe in Schwarz-Grau-Weiß entschieden und mit dem Pinsel den Schriftzug aufgetragen: „Unvergessen: 2000 Patienten aus der Pfalz". „1940 – 1949" hat sie in den gelben Sandstein geritzt, um zum Ausdruck zu bringen, dass in diesem Zeitraum etwa 2000 Frauen und Männer aus pfälzischen Städten und Dörfern den Tod fanden, wo sie Hilfe suchten: in den zentralen Gas-Tötungsanstalten des Deutschen Reiches oder auch bis in die Nachkriegszeit hinein im pfälzischen Klingenmünster – u. a. infolge des Bayerischen Hungererlasses oder durch unterlassene Hilfeleistung. „MitarbeiterInnen des Pfalzklinikums" sind als Absender des Steins angegeben, als Ausdruck der Anteilnahme der heute mit psychisch kranken und beeinträchtigten Menschen arbeitenden Beschäftigten. Durch aktive Gedenk- und Erinnerungsarbeit schlagen die Beschäftigten immer wieder Brücken zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, setzen sie sich in ihrer täglichen Arbeit für gleichberechtigte Teilhabe von Menschen ein, die „anders" sind, treten sie Stigmatisierung und Diskriminierung entgegen.
Für das Pfalzklinikum wird Sabine Röhl, Mitglied des Ausschusses für Gedenkarbeit, den etwa 15 x 10 x 5 Zentimeter großen Stein nach dem Festakt in Berlin am Gedenk- und Informationsort niederlegen.
Am 10. September 2014 um 14.15 Uhr lädt das Pfalzklinikum erstmals zu einem Regionalen Gedenk- und Erinnerungstag nach Klingenmünster ein. Alle Interessierten sind aufgerufen, den Weg der 1251 Patienten, die am 10. September 1939 aus der Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster in rechtsrheinische Anstalten „verlegt" wurden, nachzugehen. An diesem Tag wird auch ein zweiter von Vanessa V. gestalteter, etwa faustgroßer Stein in Klingenmünster einen würdigen Platz finden.
Neben dem Bund und dem Land Berlin ist auch die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas unter Einbeziehung der Stiftung Topographie des Terrors an der neuen Berliner Erinnerungsstätte beteiligt. Die Stiftung erklärt zum Hintergrund des Krankenmordes: „In der Berliner Tiergartenstraße 4 befand sich ab April 1940 die Zentrale für die Organisation, die unter dem Decknamen »T 4« – oder schlicht »Aktion« – den Massenmord an Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten im Deutschen Reich initiierte, koordinierte und durchführte. Über 70.000 Menschen fielen ihm zum Opfer, bis die Aktion am 24. August 1941 aufgrund öffentlicher Unruhe unterbrochen wurde. Das Morden begann bereits mit Kriegsbeginn im September 1939 und wurde sowohl nach dem »Euthanasiestopp« im August 1941 als auch mit dem Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 im gesamten Deutschen Reich und in vielen besetzten Gebieten, insbesondere im Osten, fortgesetzt. Die? Erfassung, »Selektion« und Tötung der Anstaltspatienten war die erste zentral organisierte und systematische Massenvernichtung von Menschen durch die Nationalsozialisten. Dabei stellt »T 4« nur einen Teilkomplex des Gesamtverbrechens gegen Anstaltsbewohner dar. Die Forschung geht derzeit von insgesamt 300.000 Opfern des sogenannten Euthanasie-Programms in Europa aus. Allerdings? liegen verlässliche Zahlen insbesondere für Osteuropa noch nicht vor."
Weitere Infos:
Zur Gedenkarbeit des Pfalzklinikums und seines Trägers Bezirksverband Pfalz: